140 Jahre Feuerwehr Neuss
Am 05.09.2021 wird die Feuerwehr Neuss 140 Jahre alt! Anlässlich dieses Jubiläums beschäftigen wir uns in den nächsten Beiträgen mit der Feuerwehr Neuss im Wandel der letzten 140 Jahre. Beginnen wollen wir mit der Vergangenheit der Feuerwehr. Darauf folgt die Gegenwart sowie ein Blick in die Zukunft!
Feuerwehr Neuss: Früher
Die Gründung der freiwilligen Feuerwehr in Neuss steht am Ende einer langen Entwicklung des Umgangs mit Brandereignissen in der Stadt. Schon seit mindestens 1.000 Jahren vor der Gründung der Feuerwehr wurden die Menschen in der Stadt immer wieder von verheerenden Bränden heimgesucht. So ist bekannt, dass die Stadt im Jahr 881, also genau 1.000 Jahre vor der Gründung der freiwilligen Feuerwehr, von Normannen überfallen und in Brand gesteckt wurde. In der Zeit danach ereigneten sich weitere spektakuläre Feuersbrünste, so zum Beispiel:
– Um 1200 Stadtbrand in Neuss gem. einer Überlieferung des Quirinusstifts
– Am 3.10.1474 bei der Belagerung durch Karl den Kühnen von Burgund
– 1496 Blitzschlag und Brand (Turmspitze und Dach) im Quirinunsmünster
– 1573 Brand im Viertel Oberstraße, Markt, Büchel
– Am 6.2.1741 Blitzschlag und Brand im Quirinusmünster mit Verlust beider Turmspitzen.
Im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts setze in der damaligen Rheinprovinz die Entwicklung ein, in den einzelnen Gemeinden klassische freiwillige Feuerwehren zu gründen, die die seinerzeit teilweise schon bestehenden Turnerfeuerwehren und Feuerlöschvereine ersetzten. In Neuss war es am 18.6.1881 soweit.
24 gestandene Männer, deren Namen leider nicht komplett überliefert sind, fanden sich zusammen und boten der Stadt Neuss an, unter bestimmten Bedingungen die „Freiwillige Feuerwehr Neuss“ zu gründen. Um aus dieser Absichtserklärung eine städtische Einrichtung zu machen, bedurfte es sodann noch der Zustimmung des Stadtrates, die dann am 5.9.1881 erfolgte. Seitdem gibt es also in Neuss den städtisch organisierten Kampf gegen den „roten Hahn“.
Polizeiwachtmeister Kops und der Bautechniker Hermann Jerusalem übernahmen die Leitung der Feuerwehr. Die Mitglieder dieser neuen Einrichtung waren überwiegend selbständige Handwerksmeister und Angehörige angesehener Neusser (Industriellen-) Familien, um getreu der Devise: „Gott zu Ehr, dem nächsten zur Wehr“ der Stadt und ihren Bürgern diesen Ehrendienst zu erweisen.
Die Feuerwehr genoss in Neuss ein hohes Ansehen und entwickelte sich prächtig. 1885 zählte man schon 46 Mitglieder. Sogar eine eigene Feuerwehr-Knabenkapelle leistete man sich von 1891 bis 1896. Bestand die Ausrüstung anfangs noch aus 7 Spritzen verschiedenster Art, 1 Zubringer (Wasserwagen) und unterschiedlichsten Gerätschaften, konnte man zum 25-jährigen Jubiläum im Jahr 1906 über die erste eigene Dampfspritze und einen mit Feuerlöschpumpe und Wasserkanone ausgerüsteten Schnelldampfer im Hafen verfügen.
Die Entwicklung der Feuerwehr verlief dauerhaft positiv bis die erste große Zäsur des 20. Jahrhunderts auch diese Einrichtung traf. Mit Beginn des 1. Weltkriegs begann auch für die Feuerwehrleute in Neuss ein neues Kapitel.
Von Ralf Berger (2021)
Feuerwehr Neuss: Heute
Selbstverständlich ist heute vieles anders als damals vor 140 Jahren. Aber eines ist geblieben: Die Feuerwehrleute haben den unbedingten Willen, Hilfe zu leisten und die Bürger der Heimatstadt Neuss vor Gefahren zu schützen. Diese tiefe Haltung eint die Feuerwehrleute von 1881 und die von 2021.
Feuerwehrarbeit ist immer Teamarbeit, daher war die Gemeinschaft zu allen Zeiten wichtig für uns und sie ist es bis heute. Aber die Zeit ist nicht stehen geblieben und die Frauen und Männer der Feuerwehr Neuss gehen mit der Zeit. In unserer Mitte ist Platz für Jeden, der helfen will. Dabei sind Herkunft, Geschlecht, Alter und sexuelle Orientierung keine Barrieren dafür, eine Einsatzkraft zu sein oder zu werden.
Ebenso bewährt ist die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlicher Feuerwehr. Seite an Seite stehen beide Kontingente täglich den gleichen Gefahren gegenüber. Dabei zeigen die für uns wichtigen Zahlenwerte stets nach oben: Seien es die steigenden Zahlen der Bevölkerung, der Verkehrsteilnehmer und der Industrie- sowie Gewerbebetriebe mit Gefährdungspotential. Auch die Einsatzzahlen steigen. Tatsächlich sind es die vermehrten kleinen Hilfeleistungen, die das Tagesgeschäft bestimmen. Wir öffnen für den Rettungsdienst Türen, hinter denen Notfälle vermutet werden, befreien Menschen aus stecken gebliebenen Aufzügen oder befreien Tiere aus Notlagen, um nur einige der typischen kleineren Einsätze zu nennen.
Aber der Blick Richtung Eifel und Ahrtal zeigt uns, dass weitere Herausforderungen warten. Und da waren die Rheinhochwasser 1993 und 1995, “Kyrill”, “Ela” und letztlich “Bernd”. Diese massiven und namentlich bekannten Extremwetterereignisse häufen sich und das Team der Feuerwehr Neuss ist bereit und wird bereit sein. Dabei hilft uns die moderne Technik, über die wir dank der guten Unterstützung aus Rat und Verwaltung verfügen.
Aber was nützen uns neueste Fahrzeuge, wenn es an Freiwilligen fehlt, die bereit sind darauf in den Einsatz zu fahren? Es ist heute unsere Aufgabe, Frauen und Männer zu finden, die bereit sind, in den Dienst der Feuerwehr zu treten. Ein Personalkonzept, dass Haupt- und Ehrenamt gleichermaßen in Betracht zieht und auf die Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung abzielt, stellt einen wichtigen Eckpfeiler der Feuerwehr Neuss – heute – dar. Die Einsatzabteilung der Feuerwehr Neuss ist heute mit etwas mehr als 250 ehrenamtlichen und 77 hauptamtlichen Einsatzkräften besetzt. Über 90 Feuerwehrangehörige gehören der Ehrenabteilung für ehemalige Einsatzkräfte an und rund 40 Mädchen und Jungen bilden die Jugendfeuerwehr der Feuerwehr Neuss. Damit liegt der Anteil der Neusser, die sich ehrenamtlich in der Feuerwehr engagieren, bei 0,16%. Diesen Wert möchten wir gern erhöhen und laden Sie daher herzlich ein, sich bei uns einzubringen. Seien Sie willkommen!
Von Markus Brüggen, Stellv. Leiter der Feuerwehr (2021)
Feuerwehr Neuss: In Zukunft
Die wohl wichtigste Erkenntnis unserer 140-jährigen Geschichte ist die, dass es in der Stadt Neuss nur eine Feuerwehr gibt, in der haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte gemeinsam Sorge dafür tragen, dass der Feuerschutz und die technische Hilfeleistung in der Stadt gemeinsam gewährleistet wird. Konkret bedeutet dies, dass weder eine rein berufliche noch eine überwiegend auf das Ehrenamt gestützte Wehr die gesetzlich geforderte Leistungsfähigkeit erreichen könnte.
Gerade die jüngsten Unwetterereignisse in NRW und Rheinland-Pfalz zeigen, wie stark sich zukünftig die Einsatzspektren aber auch die Inanspruchnahme der örtlichen Gefahrenabwehr qualitativ und quantitativ ändern werden. Hinzu kommen auch technische Innovationen in der Fahrzeugtechnik sowie Veränderungen in der Bauweise von Gebäuden. Rundum ist ein kontinuierlicher Anpassungsprozess der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie der Einsatzstrategien notwendig, um die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr zu erhalten.
Dem gegenüber steht die Herausforderung in Zeiten des demografischen Wandels und gestiegenen Anforderungen im Berufs- und Privatleben eine ausreichende Anzahl an Einsatzkräften vorzuhalten. Diese Erkenntnis bzw. Herangehensweise ist nicht neu; die Vorgehensweise wird aber professionalisiert, indem mit einem Personalentwicklungskonzept alle Bereiche des Haupt- und Ehrenamtes beleuchtet und Maßnahmen vereinbart und eingeleitet werden. Hierzu gehört z. B. auch die Gewinnung „neuer“ Zielgruppen für die Mitwirkung bei der Feuerwehr.
Das Personalentwicklungskonzept, sowie weitere technische, bauliche und organisatorische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Feuerwehr Neuss sind Bestandteil des Brandschutzbedarfsplanes, der aktuell bearbeitet und für die Jahre 2022 bis 2026 aufgestellt wird.
Bereits beschlossen wurde der Bau einer zweiten Feuerwache im Neusser Süden. Ziel ist es hier einerseits die hauptamtlichen Kräfte zur Unterstützung des Ehrenamtes optimal im Stadtgebiet zu verteilen, andererseits entsteht hier das Gerätehaus für den Löschzug Hoisten und ein Übungsgelände auf dem die verschiedenen Einsatzszenarien anspruchsvoll und herausfordernd geübt werden können.
Von Joachim Elblinger, Leiter der Feuerwehr (2021)